Körperorientiertes Coaching
- Eva Simons
- 18. Sept. 2024
- 4 Min. Lesezeit
Aktualisiert: 12. Nov. 2024
Körperorientiertes – oder auch somatisches Coaching - bedeutet, dass der Fokus in den Sitzungen auf deine Körperempfindungen gelegt wird, also auf das Wahrnehmen der Gefühle in deinem Körper. Man nennt es auch Spürgewahrsein.
Ziel des Coachings ist eine Entspannung und Weitung des Nervensystems, eine Vergrößerung der Resilienz, um offener und flexibler in unseren Handlungen zu werden. Wir wollen raus aus den dysfunktionalen Verhaltens- und Glaubensmustern, die wir übernommen und gelernt haben. Die uns eng und starr machen. Stattdessen wollen wir neue, hilfreiche Muster etablieren und die Fähigkeit entwickeln, entscheiden zu können, wie wir reagieren. Denn - es ist ja dein Leben - willst du es dir länger von irgendwelchen Mustern diktieren lassen? Natürlich nicht.
Du willst dich entspannen können, wo vorher Stress war, handlungsfähig werden wo du weggelaufen oder eingefroren bist. Dank der Neuroplastizität deines Gehirns ist das möglich - egal wie alt du bist.
Neuroplastizität bedeutet, dass unser Gehirn jederzeit in der Lage ist, neue neuronale Vernetzungen herzustellen, also neue "wenn-dann"-Verkettungen von Reiz und Reaktion. Und wenn wir dieses Prinzip verstehen, können wir es aktiv nutzen, um uns "umzuprogrammieren".
Das funktioniert letztendlich jedoch nur nachhaltig, wenn eine neue Erfahrung oder Erkenntnis auf mehreren Ebenen gemacht wird.
Das heißt: wir wollen nicht nur rational verstehen (zum Beispiel: "Ich weiß, dass ich nicht sterbe, wenn ich mal im Unrecht bin" - #Neokortex) sondern den gefühlsmäßigen Unterschied auch im Körper wahrnehmen (ich stelle fest, ich bin im Unrecht und fühle dabei weiterhin Sicherheit und Entspannung in meinem Körper - statt wie vorher Stress, Scham und Wut - #Stammhirn). Wo früher aus Wut über sich selbst vielleicht ein unnötiger Streit vom Zaun gebrochen wurde, kann nun gelassen reagiert werden.
Ein passenderer Anlass, um diese Fähigkeiten deines Gehirns zu feiern und sich den kleinen Gedächtnisfehler zu verzeihen.
Zusätzlich verstärkt sich eine neue positive Erfahrung umso intensiver und nachhaltiger, wenn wir diese neue Erfahrung im sicheren Kontakt mit einem wohlwollenden Gegenüber machen - denn dann ist auch der Teil unseres Gehirns aktiv, der für Bindung zuständig ist (limbisches System). Wir haben einen Zeugen für diese Erfahrung - das macht den Prozess einprägsamer für unser System und wird besser verankert. Daher ist es so wichtig, dass wir uns kompetente Unterstützung für die Bearbeitung unsere Themen suchen. Dieses Gegenüber zu sein und dir die richtige Haltung entgegen zu bringen, ist eine meiner zentralen Aufgaben für mich als deine Begleitung.
Neuronale Netze werden gerne mit Straßen verglichen. Die alten Denk- und Verhaltensmuster, die wir nicht mehr haben wollen in unserem Leben, sind lange gut trainiert worden. Wir haben unzählige Male die gleichen negativen Gedanken gedacht und das gleiche dysfunktionale Verhalten an den Tag gelegt. Wie ein Muskel, der gut trainiert ist, sind diese Vernetzungen sehr gut ausgebaut - gut ausgebaut wie eine breite, viel befahrene Straße.
So wie man für die Fahrt zur Arbeit völlig selbstverständlich den schnellsten Weg nimmt, ohne darüber noch großartig nachzudenken, so nimmt unser Gehirn in unserem Denken und Verhalten auch automatisch den schnellsten Weg - den, den unser System kennt und gewohnt ist.
Das kann zum Beispiel bedeuten: Immer wenn sich eine Meinungsverschiedenheit anbahnt, suche ich das Weite. Der Gedanke an eine Auseinandersetzung löst bestimmte Gefühle in mir aus, die Gefühle werden im Gehirn als Gefahr/Alarmsignal gedeutet, und das Gehirn sendet den Befehl an meine Muskeln: Jetzt aber raus hier - und zack - weg ist man.
Das alles läuft total unbewusst und meist in Sekunden ab. Unser System hat auch gar keine andere Wahl, solange es nur diesen einen Weg kennt.
Du bist also nicht schuld, zu doof oder zu faul - dein System kennt es nur nicht anders - Punkt. Und es geht uns allen so, in unterschiedlichen Situationen und Lebensbereichen.
Im körperorientierten Coaching werden neue Perspektiven eingenommen, ausgelöst durch die richtigen Fragen und Übungen. Das bewusste Wahrnehmen unserer Empfindungen etabliert neue neuronale Verknüpfungen im Gehirn - wir bauen also neue Wege, die immer besser begehbar werden, je mehr wir sie gehen - also je mehr wir fühlen üben. Irgendwann geht unser Gehirn sie dann auch von alleine, weil der Weg genauso bequem ist wie der alte - und eines Tages dann sogar bequemer.
Körperempfindungen können sich als Kribbeln äußern, als Wärme, als Enge, Druck, Weite. Es kann weich oder hart sein, es kann fließen, ziehen – es kann auch ganz taub im Körper sein.
Dort, wo wir taub und eng sind, sind wir nicht lebendig. Wir sind eingefroren. Im Überlebensmodus. Im Überlebensmodus ist keine Freude möglich, keine Offenheit, keine Liebe, keine Freiheit. Leider geht es den meisten Menschen so, dass wir von unserem Körper relativ abgeschnitten sind und nur ein Bruchteil von dem wahrnehmen, was wir eigentlich in der Lage sind zu empfinden. Warum das so ist, kannst du im Blogartikel zum Thema #Trauma nachlesen.
Natürlich wird auch im körperorientierten Coaching geredet, aber eben nicht nur. Ich lade dich ein, das Gesagte nachzufühlen, damit die Prozesse in Gang gesetzt werden, die Veränderung bewirken. Du wirst Stück für Stück ein immer besseres Gespür für deinen Körper bekommen. Das hilft dabei, zu lernen dich zu beobachten, deine Bedürfnisse besser wahrzunehmen und aus dysfunktionalen Verhaltensmustern auszusteigen zu können.
So und was heißt jetzt traumasensibel?
Wie ich im Blogpost über Trauma und Transgenerationales Trauma schreibe, ist meine Haltung dazu, dass wir alle mehr oder weniger intensiv davon betroffen sind. Daher ist das Wissen um Trauma, die innere Haltung des Coaches und das Beachten von kleinen aber sehr wichtigen Regeln und Details essentiell, wenn man Erfolge im Coaching haben will, die wirklich nachhaltig sein sollen.
Manche Menschen können gewisse Dinge leicht umsetzen, wo beim Anderen einfach nichts geht. Das Nervensystem ist eng, macht zu und Veränderung wird quasi blockiert - weil: unsicher. Hier die richtigen Dinge zu beachten, den Klient*innen mit der richtigen Haltung und Energie begegnen, ist essentiell, wenn Trauma hinter der Blockade steckt.
Meistens ist uns das gar nicht bewusst, weil nicht ein einmaliges Schockerlebnis die traumatische Erfahrung war, sondern eine dauerhafte emotionale Verletzung (zu wenig Nähe, unsichere Bindung, emotionale Abwesenheit, chronischer Stress, usw. - oder eben vererbte Muster).
Daher habe ich mich in diesem Feld speziell ausbilden lassen und bilde mich immer weiter fort. Dieses Wissen und die richtigen Werkzeuge an der Hand zu haben, um das Nervensystem aus der Enge in die Weite zu holen, ist das, was es für erfolgreiche Prozesse braucht.
Comments